DIFFUSIONSGEWICHTETE BILDGEBUNG – HINTERGRÜNDE UND TECHNIK

Auf dieser Seite möchten wir Ihnen gerne einige Hintergründe über die Technik näher bringen, die benutzt wurde, um die BrainPics Faserbilder des menschlichen Gehirns herzustellen.

Alle Faserbilder, die Sie auf unserer BrainPics Webseite sehen, wurden auf Basis von diffusionsgewichteten Magnetresonanzbildern berechnet. Die diffusionsgewichtete Magnetresonanzbildgebung ist eine spezielle Messmethode in der Magnetresonaztomographie (MR). MR Messungen sind für den menschlichen Körper nicht schädlich, da man bei MR Messungen nicht wie bei Röntgenmethoden / CT Bildgebung mit hochenergetischer Strahlung, sondern mit starken Magnetfeldern und elektromagnetischer Strahlung im unschädlichen Bereich für den menschlichen Organismus arbeitet. Dies ist der Hauptgrund, weshalb wir Ihnen auch das spezielle Angebot machen können, von Ihrem eigenen Gehirn Faserbilder herzustellen, ohne dass Sie sich irgendwelchen gesundheitlichen Risiken oder schädlicher Röntgenstrahlung aussetzen müssten.

KURZE EINFÜHRUNG IN DIE DIFFUSIONSGEWICHTETE BILDGEBUNG

Das menschliche Gehirn besteht hauptsächlich aus grauer und weisser Hirnsubstanz. Der Kortex macht den grössten Anteil an der grauen Substanz aus und besteht dabei vorwiegend aus Nervenzellkörpern, die verschiedene funktionelle Zentren bilden. Die wichtigsten funktionellen Zentren sind beispielsweise die primären motorischen und die primären sensorischen Areale. Die verschiedene Kortexareale sind für unterschiedliche Aufgaben zuständig und untereinander funktionell stark vernetzt.
Diese Vernetzung der funktionellen Areale geschieht über Nervenfasern. Die weisse Substanz besteht dabei vorwiegend aus solchen Leitungsbahnen bzw. Nervenfasern und bildet damit das strukturelle Netzwerk des menschlichen Gehirns.
Die diffusionsgewichtete Bildgebung erlaubt, Rückschlüsse zu ziehen, wie diese weisse Materie aufgebaut und strukturiert ist. Dabei ist die diffusionsgewichtete Bildgebung die einzige Technik, welche es erlaubt, die anatomische Struktur und Architektur des gesamten menschlichen neuronalen Netzwerks in-vivo, nicht-invasiv und quantitativ zu erforschen!

BROWNSCHE BEWEGUNG (DIFFUSION) VON WASSERMOLEKÜLEN

In Flüssigkeiten sind Moleküle, wie beispielsweise Wassermoleküle in einem Glas Wasser, aufgrund ihrer thermischen Energie ständig in Bewegung. Einstein und Smoluchowski haben herausgefunden, dass der Weg, den ein Molekül in einer Flüssigkeit zurücklegt, folgenderweise berechnet werden kann:
Formel von Einstein-Smoluchowski: R=√6*D*Δ
Dabei ist Δ die Zeit, die das Molekül diffundieren kann und D der sogenannt Diffusionskoeffizient. Der Diffusionskoeffizient ist ein Mass für die Beweglichkeit der Teilchen und charakteristisch für jede Flüssigkeit (für eine bestimmte Temperatur).
Die diffusionsgewichtete Bildgebung ist nun in der Lage, die Stärke dieser sogenannten brownschen Bewegung von Wassermolekülen in eine beliebige Raumrichtung zu messen, zu quantifizieren und den Diffusionskoeffizienten zu berechnen.
Wenn nun Moleküle, wie in der Abbildung links dargestellt beispielsweise im Ozean ungehindert diffundieren können, sprechen wir von sogenannter freier, isotroper Diffusion. Dabei gilt gemäss obiger Formel, dass der Weg im Quadrat, welcher ein Molekül zurücklegt, linear mit der Diffusionszeit zunimmt. Die Moleküle können sich in jede Raumrichtung gleich stark ausbreiten, was zu einem kugelförmigen Diffusionsprofil führt.

Schauen wir uns aber eine Nervenfaser an, so können wir uns diese wie einen Wasserschlauch vorstellen. In einem Schlauch strömt das Wasser entlang des Schlauches auch viel stärker als senkrecht zu den Schlauchwänden. Genauso ist die Diffusion in einer Nervenfaser senkrecht zur Faser eingeschränkt, entlang der Nervenfaser hingegen ist die Diffusion mehr oder weniger frei. In diesem Fall spricht man von sogenannter gehinderter oder anisotroper Diffusion. Diese Einschränkung der Diffusion in eine oder mehrere Raumrichtungen führt zu einem länglich gezogenen, zigarrenförmigen Diffusionsprofil.
Wenn nun die Diffusion in eine oder mehrere Raumrichtungen eingeschränkt ist, lässt sich diese richtungsabhängige Diffusionsstärke mit einem sogenannten Tensor, einer symmetrischen 3×3 Matrix, beschreiben. Diese Tensorinformation erlaubt schliesslich, Rückschlüsse zu ziehen auf das zugrunde liegende Gewebe.

BERECHNUNG DES DIFFUSIONSTENSORS

Um den Diffusionstensor zu berechnen, muss die Stärke der Diffusion in mindestens 6 unterschiedliche Raumrichtungen gemessen und quantifiziert werden. Aus diesen Daten lässt sich dann über ein lineares Gleichungssystem für jeden Bildpunkt ein symmetrischer Diffusionstensor berechnen. Die Tensoren können nun als Rotationsellipsoide dargestellt werden. Dabei gilt, dass die Hauptachse der Tensoren jeweils die Richtung angeben, in welche die Diffusion am zugrunde liegenden Ort am stärksten ausgeprägt ist. Analog zum Wasserschlauch, ist diese Richtung parallel zur zugrunde liegenden Nervenfaser.
Wenn man sich nun beispielsweise in einem koronaren Schnitt die Tensoren in jedem Bildpunkt darstellt kann man, wie in der Grafik rechts dargestellt, schon gewisse Strukturen und Muster erkennen. Im vergrösserten Bereich erkennt man in blau von unten nach oben verlaufend beispielsweise den Corticospinal-Trakt und in rot von links nach rechts verlaufend die Region des Corpus Callosum. Von dieser Darstellung ist es nicht mehr so schwierig, sich vorzustellen, wie ein Fibertracking-Algorithmus Nervenfasern rekonstruieren kann.

1) Basser et al., Biophysical Journal 1994
2) Pierpaoli et al., Radiology 1996

REKONSTRUKTION VON FASERN

Die Berechnung des Diffusionstensors wie oben beschrieben ist die einfachst mögliche Form, aus den Diffusionsdaten für jeden Bildpunkt Richtungsinformationen über die zugrunde liegenden Fasern zu bestimmen. Der Tensor hat aufgrund seiner intrinsischer Limitationen jedoch viele Nachteile, um Faserverbindungen vor allem in komplexen geometrischen Konfigurationen wie zum Beispiel Kreuzungssituationen genau aufzulösen. Um diese Limitationen zu umgehen, wurde in den letzten Jahren viel Forschung betrieben, um mit komplexerer Scannerhardware, aufwändigeren Akquisitionsmethoden und mit mehr Diffusionsrichtungen hochdimensionalere Daten aufzunehmen, die dann mathematisch aufwändiger und komplexer rekonstruiert werden können.
Die Idee, wie aus Tensorinformationen jedoch Fasern rekonstruiert werden können, ist in der Grafik links zweidimensional dargestellt. Die Idee der ersten Tracking-Algorithmen war nämlich, dass man in einem Voxel beginnt, ein Stück der Nervenfaser in Richtung der Hauptdiffusion rekonstruiert, und bei der nächsten Voxelkante ein weiteres Stück anhängt, aber nun mit der Richtung der neuen Hauptdiffusionsrichtung. Damit war es möglich, erste Traktogramme zu rekonstruieren, auf denen man die Hauptverbindungen im Gehirn gut erkennen kann. Entsprechende Weiterentwicklungen in der letzten Dekade, wie oben angedeutet, führen zu verbesserten Traktogrammen und Rekonstruktionen – und am Ende auch zu unseren künstlerischen BrainPics Bildern.